26. September 2021

Was ist neu in Nairobi seit meinem letzten Aufenthalt ?

Baraka, unsere Ambulanz in Nairobi, hat während der Corona-bedingten Abwesenheit von deutschen Einsatzärzten, weitergearbeitet. Das war nur möglich, weil die meisten Abteilungen für bestimmte Themen auch vorher schon unter einheimischer Führung selbständigt gearbeitet haben: die Diagnostik und Therapie für HIV- und Tuberkulose-Patienten, die Schwangerenbetreuung, insbesondere die der HIV-erkrankten Schwangeren, das Feeding-Center für die unterernährten Kinder und mangelernährten Familien, die Betreuung von nicht gehfähigen Kranken in der Gemeinde, die Sichelzellen-Ambulanz, das Labor und die Versorgung mit Medikamenten. Die Behandlung der chronisch Kranken (Diabetis, Bluthochdruck, Schilddrüse) wurde personell ausgebaut, wobei zunehmend Clinical Officers zum Einsatz kommen.
Eine Position, die es in Deutschland (noch) nicht gibt, in vielen anderen Ländern schon. Clinical Officers sind weitergebildete Krankenschwestern und -pfleger, die bestimmte ärztliche Aufgaben übernehmen können, z.B. bei den Chronikern Medikamente verschreiben und Untersuchungen veranlassen. Die Diskussion in Deutschland tobt zur Zeit besonders unter den Ärztefunktionären; dabei geht es unter Anderem um Verantwortung und Haftung. Andere Länder haben das schon längst geklärt, aber von Anderen lernen geht nicht. Wir werden aber auf lange Sicht nicht darum herumkommen, da unsere Ärztinnen und Ärzte zunehmend mit Bürokratie zugemüllt werden, wie man aktuell an der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und der elektronischen Patientenakte sieht: Big Data-Monster ohne Nutzen für die Patientenversorgung, aber Goldgrube für die Industrie und unter Aufgabe der Verpflichtung zur Verschwiegenheit des Patientengeheimnisses. Das Ganze mit erheblichen Kosten in EDV-Installationen und mit erheblichem Arbeitsaufwand für Ärzte und unser Praxispersonal.
Anmerkung: Ein Glück, dass ich da raus bin und ein Grund mehr, warum das Arbeiten hier unter den reduzierten und schwierigen Bedingung trotzdem Spaß macht.

Was meinen Bereich betrifft sehen Spechzimmer und Verbandsräume (dressing-room) noch genauso aus, wie ich sie in meinen früheren Berichten mit Bildern eingestellt habe (deshalb verzichte ich hier auf die Wiederholung). Gerade die Patienten mit den chronischen, z.T. jahrealten Unterschenkelgeschwüren wurden regelmäßig verbunden.

Neu sind an einzelnen Wochentagen ein Augenarzt, ein Zahnarzt und ein Chirurg.
Neu ist vor allem eine einheimische Langzeitärztin, Dr. Janet, eine junge, sehr nette Internistin mit fundiertem medizinischem Wissen und dem Vorteil, dass sie den kulturellen Hintergrund der Patienten kennt und versteht und sie in ihrer eigenen Sprache befragen und beraten kann. es macht Spaß, mit ihr zusammenarbeiten zu können. Durch sie war es überhaupt möglich, auch den eigentlichen Bereich der deutschen Einsatzärzte, die Ambulanzsprechstunde, während der Corona-Einreisesperre aufrecht zu erhalten.

Neu ist auch eine Outreach-Sprechstunde einmal im Monat in einem anderen Slum, Korogocho,  an einer riesigen, stinkenden Müllhalde. Gestern waren wir dort und die Ankündigung hatte mich an Kalkutta denken lassen. Die Sprechstunde fand aber in einem festen Haus statt und mit der von Baraka bewährten Organisation.


unser Wohlstandsmüll


den Bagger auf der Halde sieht man kaum (so klein)


Kinder machen den Haushalt


die Anmeldung


das Sprechzimmer: 6 Behandler in einem Raum


Warten


Mittagessen

Noch ein paar Schnappschüsse vom Rückweg