Vor zwei Tagen hatten wir hier einen stundenlangen Stromausfall. Da saß ich beim Schein einer Kerze und schrieb den folgenden Text erst einmal auf Papier. Interessant am eigenen Leib zu erleben, was Stromausfall bedeutet. (Der Clou kommt am Schluss.)
18 Uhr Sonnenuntergang, und dann ist es sofort (keine Dämmerung) richtig dunkel. Kein Licht = (einige wenige) Kerzen: gemütlich, aber funzelig; hoffenlich haben wir genug davon.
Kein Strom = kein WLAN/Internet. Die schmalbrüstige kenianische prepaid SIM-Karte ist schnell aufgebraucht. Außerdem zieht das Handy auf der vergeblichen Suche nach WLAN viel Akkuleistung; das heißt: bald leer. In der Nachbarschaft hier ratterten einige Dieselgeneratoren.
Im Slum ist seit Tagen ein Transformator kaputt und wahrscheinlich noch länger. Möglicherweise deshalb, weil viele Leute versuchen, illegal Strom anzuzapfen. In Baraka haben wir einen Generator, der läuft morgens schon, wenn wir ankommen. Und der macht schon die Unterhaltung schwierig, das Abhorchen von Lunge und Herz erst recht. Auch muss er nach fünf Stunden Pause machen; zur Mittagspause/Generatorpause herrliche Ruhe. Aber dann läuft auch die EDV nicht mehr, und auch das WLAN/Internet nicht. Die UPS (uninterruptible Power Supply) sichert wenigstens die eingegebenen Daten. Das zeigt, wie abhängig wir vom Strom geworden sind. Ohne Strom können meine Nurses und ich wenigstens noch Gipse machen, Abszesse spalten und die fürchterlichen chronische Geschwüre (, deren Bilder ich Euch erspare,) verbinden. Aber sonst läuft nichts. Was mich immer wundert, ist die Ruhe, mit der die Patienten das ertragen.
Ich weiß gar nicht, wie die Menschen in den Hütten um uns herum das anstellen. Für’s Handy-Laden geht man zu Freunden in einem anderen Teil des Slums, wo es noch Strom gibt. Unsere Mitareiterinnen stecken morgens als erstes ihre Ladegeräte in die Steckdosen.
Kein Strom = kein warmes Abendessen. Zum Glück haben wir einen klapprigen Gasherd. Wenigstens können wir die Suppe, die Stella – wie immer hervorragend – gekocht hat, aufwärmen.
Ohne Strom laufen auch die Wasserpumpen nicht, die unsere Tanks auffüllen; hoffentlich sind sie gut gefüllt. Dann versteht man auch, warum neben jedem Klo ein Wasserbottich steht.
Interessant, ein bisschen wie Mittelalter oder noch vor 200 Jahren bei uns – oder im Krieg. Für weltweit viele Menschen alltägliche Realität. Sowas sollte man ab und zu mal erleben; vielleicht rückt es unseren Horizont ein bisschen gerade. (Soweit das im Dunkeln Geschriebene.)
Mitten am Abend gab es dann wieder Strom. Der Clou: als ich das am nächsten Morgen mit Janerose, meiner Übersetzerin, erzählte, erfuhr ich, dass die Abschaltung längst vorher bekannt war und ganz Nairobi County betraf; nur hatte uns das niemand mitgeteilt.
Wenn es nicht bewölkt gewesen wäre, hätte ich in der Dunkelheit endlich einen schönen Sternhimmel gesehen.