20. Dez. 2015

Inzwischen ist es hier kühl geworden und es soll in den nächsten Tagen noch kälter (unterhalb des langjährigen Durchschnitts) werden, worauf ich mich in meiner Kleiderplanung nicht eingestellt hatte. Die Menschen hier tragen lediglich zusätzlich einen breiten Wollschal um Schultern, Hals und Kopf gewickelt. Tags um die 23 Grad, falls die Sonne durchkommt, nachts um die 11 Grad. Die Betonhäuser sind ausgekühlt und Heizmöglichkeiten gibt es nicht, denn in den meisten Monaten des Jahres ist das Problem natürlich umgekehrt und man wäre froh, ein bisschen Frische zu haben. Zur Not muss ich mir halt was einkaufen.

Wie schon erwähnt, nimmt die Arbeit uns die Woche über voll in Anspruch, und wenn ich abends zurückgekehrt bin, bin ich froh, ein bisschen Ruhe zu haben. (Daher auch meine selteren Beiträge.)

Den Ablauf der Arbeit hatte ich ja schon beschrieben. Jetzt in der Kälte und wenn es dann noch regnet, müssen die Patienten – barfuß auf dem Betonboden – zusätzlich leiden.

2015-12-20_bild50Es gibt so viel zu erzählen über das Sytem und die Arbeit darin, die indische Gesellschaft, von der wir ja nur die Unterschicht kennenlernen, die Trips am Wochende (und es ist schon wieder spät).

Heute spreche ich doch mal von Patienten (was ich eigentlich nicht wollte). Tief beeindruckt hat mich dieses nette Mädchen, das mit seiner Großmutter in die ärmliche Ambulanz in Tikiapara kam. Ich schätze ca. 14 Jahre, barfüßig, seit dem 4. Lebensjahr blind, für die Verhältnisse ordentlich und immer freundlich/fröhlich. Es regelte für seine Großmutter alles, zog die richtigen Papiere aus der Plastiktüte, antwortete zu allen Fragen richtig und gab unsere Anweisungen der Oma weiter, dabei noch auf ein kleines Geschwisterkind aufpassend und sich in der engen Ambulanz zurechtfindend.

2015-12-20_bild51Nach diesem Patienten bin ich im tosenden Straßenverkehr noch vorsichtiger. Bei Unfällen gibt es sowas wie unseren qualifizierten Resttungsdienst überhaupt nicht. Man muss sehen, wie man in eine der Krankenhausambulanzen kommt (falls man es überhaupt bis dahin schafft). Während es für die Behandlung der Mittel- und Oberschicht sicher gute private Kliniken gibt, sieht es für die Armen bedenklich aus. Hier das Beispiel eines vom Bus angefahrenen Tuktuk-Fahrers. Die Bilder sind auch für Nichtmediziner selbsterklärend. Der junge Mann wird unter den hiesigen Verhältnissen nicht mehr arbeiten, das heißt seinen und der Familie Lebensunterhalt verdienen können, falls er seinen Arm überhaupt behält.

2015-12-20_bild52b…nach dem Unfall.

2015-12-20_bild53b…nach der Operation und klinisch mit freiliegendem Knochen.

2015-12-20_bild54Christmas ist hier kitschig (wie sollte es auch anders sein)

2015-12-20_bild55und auch hier im Home soll wohl eine Krippe entstehen.

2015-12-20_bild56